Aus der Hüttenwerkstatt
Warum das himmlische Manna nie auf die Erde kam
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Zwei Münchner im Himmel oder warum das himmlische Manna nie auf die Erde kam
A: Wo bleibt mein Manna?
B: Was haben wir falsch gemacht?
A: Ich mach immer alles richtig!
B: Aber ich meine doch das bedingungslose Grundeinkommen.
A: Weiß nicht! Haben wir da etwas vergessen? Wo bleibt mein Manna!
Manna Engel bringt Münchner A das geforderte Manna. Manna, Manna.
A: Wir haben nichts falsch gemacht. Siehst du doch! Ich ruf nur zweimal nach Manna und schon ist es da!
Er trinkt das Manna aus einem Einliterkrug in einem Zug aus.
B: Wohl bekomm's!
A: Das ist erfrischend.
B: Aber das funktioniert doch nicht!
A: Was funktioniert nicht?
B: Das mit den bedingungslosen Grundeinkommen.
A: Ja da nicht, aber hier schon!
B: Aber hatten wir Verantwortung, hier nicht!
A: So ist das halt. Die Rahmenbedingungen!
B: Was?
A: Na die Rahmenbedingungen für das bedingungslose Grundeinkommen haben nicht gepasst.
B zu Manna-Engel: Passt schon!
A: Passt eben nicht!
B zu Manna Engel: Ja, Ja, ist schon klar.
A: Nichts ist klar!
B zu Manna Engel: Der will mich sprechen?
A: Wir sprechen doch schon die ganze Zeit. Die Rahmenbedingung haben wir falsch gesetzt. Jetzt würde ich alles anders machen! Wo gehst du hin?
B: Der Chef hat mich gerufen. Bin gleich wieder da!
Pause. Münchner A ruft erneut nach Manna. Der Manna Engel kommt sofort.
A zu Manna Engel: Aber bittschön zwei Maß. Dann muss ich nicht so oft rufen!
Manna-Engel schwebt von dannen.
B kommt zurück.
B aufgebracht: Der Chef ist verärgert über uns!
A: Warum das denn!
B: Weil wir das mit dem bedingungslosen Grundeinkommen vergeigt haben!
A: Wieso, klappt doch. Jeder bekommt dasselbe!
B: Der Chef meint, das sei ungerecht!
A: Aber jetzt hol mich der Teufel!
Ein lauter Knall ist zu hören. Ein Schild mit 1. Abmahnung ist zu sehen.
A kleinlaut: Entschuldigung!
B: Wir sollen nochmal auf die Erde und das alles wieder richten, sagt er!
A: Aber was denn?
B: Das bedingungslose Grundeinkommen natürlich!
A: Ach das. Wann denn?
B: Sofort!
A: Dann müssen wir uns was einfallen lassen!
B: Genau!
A: Und was? Mir fällt nichts ein außer Manna!
B: Aber das ist es doch! Manna für alle, umsonst! Die werden uns zu Füßen liegen!
A: Hört sich gut an. Und wer macht das Manna!
B: Gibt es doch hier oben. Brauchen nur eine Pipeline. Dann fließt das Manna unendlich langa!
A: Genau das. Das ist es! Das machen wir.
B: Manna für uns beide!
Manna Engel schwebt vorbei mit drei Maß Manna. Zwei Maß für Münchner A und ein Maß für Münchner B.
A: In welcher Partei warst du?
B: SPD und du?
A: CSU natürlich! Was sonst!
B: Aber dann geht das doch nicht!
A: Nicht! Ja, genau. Denn nur einer von uns kann gehen.
B: Ja, und wer?
A: Wir würfeln das aus. Wer zuerst drei Sechsen hat, der hat gewonnen.
A zieht zwei Würfel aus der Tasche. Sieht beide etwas genauer an und gibt zuerst den einen an B. Dann zieht er seine Hand zurück und übergibt B den anderen Würfel.
A: Wer fängt an?
B: Der die höchste Zahl würfelt!
A: O.K.
B würfelt eine 4 und A eine 2. B fängt an!
Sie würfeln beide und A hat zuerst drei Sechsen gewürfelt!
A: Gewonnen!
B: Das glaub ich ja nicht!
Sieht sich seinen Würfel genauer an!
B: Du gemeiner Hund. Da ist gar keine Sechs drauf!
A: Hättste vorher nachschaun müssen. Passt schon!
B: Passt schon! Passt schon. Gemein. Betrug!
A: Beschwer dich doch!
B nimmt sein Maß und zerhaut es auf dem Kopf von A.
Ein fürchterliches Getöse ist zu hören. Und eine Stimme im Hintergrund verkündet: Gewalt verboten! Ab in die Hölle!
Zwei Polizeiengel erscheinen und bringen beide Münchner durch eine Tür, auf der Hölle steht.
Ist doch nur Spaß
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Zwei Frauen in einem Gespräch in einer Wohnung.
Frau A: Ich rede meine Wünsche, meine Phantasien weg, damit sie ein Geheimnis bleiben.
Frau B: Ich nehme Bücher mit ins Bett, denn Bücher schnarchen nicht.
A: Wenn ich an die Wehen denke, graust es mir. Und dann die Geburt.
B: Lass dir eine Spritze geben.
A: Hab ich auch schon dran gedacht. Aber meinst du nicht, dass dann etwas verloren geht?
B: Hast dich ja auch künstlich besamen lassen. Wir leben nicht mehr in Höhlen!
A: Das nicht, aber das Archaische geht doch verloren. Gestern noch griff ich nach dem Rombuch und da hatte ich Efeu vom Grab meiner Urahnen drin. Danach rief mich Ulrike an, um mir zu sagen, dass mein Onkel gestorben sei und sie sich schon immer zu unserer Familie hingezogen fühlte. Da muss doch eine Verbindung bestehen, jedenfalls innerhalb der Familie, oder?
Während des Gesprächs senkt sich die Bühne mit gleichbleibender Geschwindigkeit. Das Stück ist beendet, wenn die Schauspieler nicht mehr zu sehen sind.
B: Ich lag im Bett und sah den Clooney, ein Bild von einem Mann. Am nächsten Morgen steht einer vor mir im Büro. Der sah genauso aus. Ich glaube, ich bin ein wenig rot geworden. Ich dachte an die vergangene Nacht.
A: Aber dann gibt es diese Verbindung!
B: Alles Zufall. Wie herrlich, auserlesen war das Brautkleid. Silberstoff und goldene Ranken, es hätte kaum besser sein können. Nur ich kann das so träumen. Warum? Weil ich es eben irgendwann, irgendwo mal gesehen habe. Das hat sich tief nach unten gesetzt und wird dann wieder hervorgeholt, wenn die Situation danach ist. Kein Geheimnis steckt dahinter!
A: Du hast recht. Das Gute ist eben auch nur ein Produkt des Zufalls.
B: Was soll den das schon wieder?
A: Ich mach mir eben so meine Gedanken. Das Schlechte kennen wir nur zu gut. All die Typen auf der Straße! Ekelhaft! Aber das Gute? Haben wir es schon gesehen. So tun wir das Gute nicht, weil wir es nicht kennen.
B: Dann lass es bleiben. Das Gute, das Böse oder Schlechte! Was ist das schon? Reine Begrifflichkeit. Wir finden immer eine Ausrede. Das allein zählt.
A: Solange das Geld noch fließt.
B: Eben!
A: Versorgt sein, bis ans Lebensende, ist wie tot in der Kiste liegen!
B: So kannst auch nur du denken. Wie schön ist unser sorgloses Leben. Übrigens. Hast du schon von den Nacktputzern gehört?
A: Nee, sag mal!
B: Gibt es im Internet eine Agentur, die vermittelt Adonis fürs Putzen, und das ohne Alles!
A: Klingt gut. Werde ich mal ausprobieren. Aber wird hier nicht die Einfalt vor die Schurkerei gesetzt?
B: Wie meinst du das?
A: Ich bin halt sehr skeptisch.
B: Eine reine Frage des Entschlusses! Entweder du probierst es und schaust was dabei rauskommt. Kannst danach immer noch alles ins Internet stellen.
A: Manchmal weiß ich einfach nicht mehr, ob ich nur die Verpackung bekommen habe!
B: Aber das ist doch immer so. Außen alles ok. Dann im Bett! Kannste vergessen!
A: Aber warum muss das immer so sein. Gibt es nicht einen Nacktscanner für uns, der tief blicken lässt, bevor man alles ausprobieren muss?
B: Ja, das sollen die Herrn der Schöpfung mal entwickeln. Gehirnströme als Farbbild. Dann wissen wir was los ist!
A: Ach ja, irgendwann kommt das auch noch auf uns zu!
B: Wieso?
A: Überleg doch mal!
B: Ach so!
A: Ich komm mir so gelangweilt bürgerlich vor! Hans ist eben farblos!
B: Besser als mit so einem Nicht-Typen rumhängen und seine Freiräume auskosten.
A: Ich glaub der beobachtet mich!
B: Macht das nicht jeder Bürger!
A: Diese bürgerliche Spießigkeit. Aber da gibt es ja auch den Draufgänger!
B: Ja, der Clooney!
A: Ja, der Clooney! Manchmal braucht mein Herz Luft!
B: Wem sagst du das!
A: Ich glaube ich stamme vom Neandertaler ab.
B: Warum denn das?
A: Ich lasse einen Gentest machen. Ich will es jetzt wissen!
B: Aber warum?
A: Manchmal brodelt es in mir. Ist das die Seele oder nur die Wollust?
B: Dann wohl eher die Wollust!
A: So wie bei einem Neandertaler eben!
B: Woher willst du das wissen. Vielleicht waren das die lustlosesten Menschen überhaupt.
A: Doch nicht bei Horst!
B: Ach der. Das ist was anderes!
A: Hallöchen!
Horst: Na wieder mal beim Kaffeeklatsch!
B: Nein! Bei der Karriereplanung!
H: Na wie wär's. Von Haut zu Haut. Sandwich unter der Dusche? Besser als die Apparatemedizin, oder?
A und B: Du, ... Neandertaler du!
H: Und danach ein Stück Buttercremtorte für uns alle!
A und B: Warum danach?
H: lacht!
A: Was hältst du davon?
H: Wovon!
B: Wir behaupten, du hättest unsere Kids vergewaltigt. Du wanderst ins Gefängnis. Nach vier Jahren wird der Prozess wieder aufgerollt. Deine Unschuld wird bewiesen. Du kassiert eine Millionen Euro Schmerzensgeld. Bist arbeitsunfähig und in psychiatrische Behandlung.
H: Dusche wär mir lieber!
Alle verschwinden unter der Dusche.
Interdependenz
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Die Bühne verwandelt sich in ein Aquarium.
Fisch A: Sag was!
Fisch B: Will nicht!
A: Warum?
B: Hab keine Lust!
Pause
A: Mach was!
B: Will nicht!
A: Warum?
B: Bin zu faul!
Pause
Zwei übergroße Menschenaugen blicken auf die Bühne. Sie werden auf den Hintergrund der Bühne projiziert.
A: Da, schau mal!
B: Ach der schon wieder!
A: Gleich gibt’s Fressen!
B: Lecker!
A: Schwimmen wir noch ein wenig. Das hat der gern!
B: Wenn's dann mehr gibt!
A: Doch nicht in die Höhle. Da sieht er dich nicht!
B: Hier! Besser?
A: Genau, bleib stehen!
B: Macht er ein Foto?
A: Nein, schaut traurig drein!
B: Wann kommt das Futter?
A: Wedel mit der Schwanzflosse! Das gefällt ihm!
B: Schaut er immer noch traurig?
A: Sieht Fernsehen.
B: Was noch?
A: Schluckt Tabletten.
B: Was noch?
A: Legt sich hin.
B: Was noch?
A: Schläft.
Die Musik geht aus. Die Bühne wird verdunkelt. Pause.
A (Fordernd): Wo bleibt das Essen?
B (Kleinlaut): Hab Hunger!
A (Überrascht): Wo ist das Licht?
B (Grantig): Schiebe Kohldampf!
A (Ängstlich): Warum kommt der nicht?
B (Jämmerlich): Der hat seine Träume verloren!
A (Ärgerlich): Wir sind verloren!
Beide hören in die Stille. Das Licht geht an. Laute Stimmen sind auf der Bühne zu hören. Die beiden fallen tot um.
A: Wedel weiter!
B: Bald bin ich müde!
A: Ich glaube, jetzt!
B: Was?
A: Jetzt holt er die Dose!
B: Endlich!
Es wird Fischfutter in Form von kleinen Styroporkügelchen auf die Bühne gestreut.
B: Immer das gleiche!
A: Schmeckt's?
B: Wie gestern, vorgestern, vorige Woche, vorigen Monat voriges Jahr...
A: Iss, bis morgen wird’s nichts geben!
B: Gut!
A. Etwas bitter, oder?
B: Schmeckt aber!
A: Ich glaube...
B: Was glaubst du?
A: Ich glaube...
Es ertönt ein dumpfer Rhythmus
B: Was macht der?
A geht an den Bühnenrand und schaut ins Publikum. Dabei visiert er einen Punkt an.
A: Hört Musik.
B: Was noch?
A: Sieht Fernsehen.
B: Was noch?
A: Schluckt Tabletten.
B: Was noch?
A: Legt sich hin.
B: Was noch?
A: Schläft.
Die Musik geht aus. Die Bühne wird verdunkelt. Pause.
A (Fordernd): Wo bleibt das Essen?
B (Kleinlaut): Hab Hunger!
A (Überrascht): Wo ist das Licht?
B (Grantig): Schiebe Kohldampf!
A (Ängstlich): Warum kommt der nicht?
B (Jämmerlich): Der hat seine Träume verloren!
A (Ärgerlich): Wir sind verloren!
Beide hören in die Stille. Das Licht geht aus. Laute Stimmen sind auf der Bühne zu hören. Die beiden fallen tot um.
Hunde die bellen ...
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Ein Mann steigt in die Straßenbahn. Ein anderer, A., schreit ihn an:
A: „Schau mich nicht so an, du Sack. Was habe ich dir gesagt? Du sollst mich nicht so anglotzen. Hast du nicht verstanden. Wie oft soll ich dir das noch sagen. Bist du taub. Kannst du mich nicht verstehen, du Pest. Mann, wie oft soll ich dir das noch sagen. Ich hau dir eine in die Fresse, wenn du weiter so glotzt. Wieso machst du das, du Wichser. Bist saublöd, alter Kanake. Hau ab. Dummer Kerl. Blöde Drecksau, Pottsau. Altes Arschloch. Wie oft soll ich dir das noch sagen. Wer nicht hören will muss fühlen. Ich reiß dir die Ohren raus. Ich beiß' dir die Nase ab. Ich tret' deine Eier zu Brei. Ich hau dir die Augen aus dem Schädel. Hör endlich auf! Hör auf! Was habe ich dir gesagt? Du Spinner, du Scheißkerl, du linkes Arschloch, du ... Bald reißt mir der Geduldsfaden, du Wichser. Du Sodomistenschwein, du Motherfucker, du! Du bist vielleicht ein Dreck. Glotz' nich' so! Hör auf! Hau ab! Scheißkerl! Wird endlich Zeit, dass du die Radieschen von unten siehst. Ich hab die Schnauze voll von dir. Wenn du jetzt nicht aufhörst mich anzuglotzen, dann kann ich für nichts mehr garantieren.“
Der Mann steigt aus. A. wird still und steigt an der nächsten Haltestelle aus.
Er geht zur U-Bahn. Ein anderer B kommt hinzu:
B: „Geh mir aus dem Weg. Fuzzi, hast du nicht gehört?“
A: „Willst du Ärger, kannste haben!“
B: „Du Dreikäsehoch drohst mir!“
A: „Das ist keine Drohung!“
B: „Wenn du mir den Weg jetzt nicht freimachst, dann hau ich dir in die Fresse!“
A: „Hunde die bellen, beißen nicht!“
B: „Wirst schon sehen.“
A: „Dann komm doch, mach!“
B haut ihm mit einem gekonnten Fußtritt mitten ins Gesicht. A taumelt und fällt auf den Boden.
B: „Sag Entschuldigung, dass ich dir den Weg nicht frei gemacht habe. Sag schon, sonst kriegst du noch eine in den Fresse!
A hat große Schmerzen und winselt: „Entschuldigung!“
B: „Lauter, du Arsch! Lauter!“
A wird lauter und wiederholt drei Mal das Wort Entschuldigung.
B: „Siehste, geht doch! Du bist eine armselige Sau. Sag, bitte, bitte lass mich am Leben.
A ist sehr geschwächt und kurz davor ohnmächtig zu werden.
B: „Ich höre! Los sag das.“
B tritt A in die Seite. Einmal, zweimal, dreimal und immer wieder. B tritt A ins Gesicht. Das Blut läuft A aus der Nase. B nimmt sein Messer und schneidet A ein Ohr ab. Der Schmerz lässt A ohnmächtig werden. Er liegt regungslos auf dem Boden. B tritt noch mehrere Male A in die Seite und ins Gesicht. Danach lässt er von ihm ab. Er schaut sich um und rennt weg.
Herbert wird Millionär oder Leistung muss sich wieder lohnen!
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Sprecher: Höret die Geschichte von Herbert, der Öko-Aktien kaufte, um etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Steuern wollte er aber keine zahlen!
Chor (höhnisch): Wer zahlt schon gerne Steuern! Wer lässt sich gerne steuern!
Sprecher: Er entschloss sich, seine Geschäfte von den Kaimaninseln aus zu tätigen.
Chor (plärrend): Kaimaanen, Kaimaanen haben keine Aamen!
Sprecher: Egal! Dort sind die meisten international tätigen Banken - auch die deutschen - mit Filialen vertreten. George Town, die Hauptstadt der Kaimaninseln, ist heute der fünftgrößte Finanzplatz der Erde.
Chor (gespieltes Erstaunen): Ohooo, Ohooo! Fast wie in Sohooo!
Sprecher: Alle Transaktionen kann man bequem über das Internet erledigen. Leider muss man seine finanziellen Transaktionen in US-Währung tätigen, da der Euro auf den Kaimaninseln nicht als Währung akzeptiert wird.
Chor (bedauernd): Das ist aber schade! Das ist aber schade! Komm schon, Herbert, erzähl uns deine Geschichte!
Herbert: Im April 2008 habe ich mir 10.000 Aktien der Q-Cells AG im Wert von 600.000 Euro geliehen. Die Leihgebühr für die Aktien betrug 5% des Kurswertes, also 30.000 Euro. Die habe ich mir von der Bank geliehen.
Chor (lobend): Geliehenes Leihgeld ist gutes Geld! Geliehenes Leihgeld ist leihgeliehen!
Herbert: Mitte Mai standen die Q-Cells Aktien bei 85 Euro. Ich habe daraufhin meine geliehenen Aktien an der Börse zu 850.000 Euro verkauft und aus dem Erlös den Kredit von 31.000 Euro plus angelaufenen Zinsen für die Leihgebühr an die Bank zurück gezahlt.
Chor (aufgeregt): Warum nur? Warum nur? Die Aktienkurse steigen!
Herbert: In den Börsennachrichten stand eine Kaufempfehlung der Deutschen Bank. Da dachte ich mir, dass die Banken ihre Q-Cells-Aktien lukrativ verkaufen wollten. Hätte ich ein paar Tage später verkauft, hätte ich sogar 2 Euro mehr pro Aktie bekommen können!
Chor (tröstend): Sei nicht traurig! Sei nicht traurig! Erlöse sind nicht böse! Erlöse sind Erlöser!
Herbert: Dies war aber der absolute Höchststand. Von da an ist der Wert der Aktie stetig gefallen.
Chor (lebhaft): Gefallen, gefallen! Das ist gut, das ist surplus gut!
Herbert: Auf meinem Konto auf den Kaimaninseln lagen etliche US-Dollar mit einem Wert von 819.000 Euro herum. Im Dezember standen die Aktien auf 17 Euro, was mich dazu veranlasste, 10.000 Q-Cells Aktien zum Wert von 170.000 Euro an der Börse zu kaufen. Auf meinem Konto waren inzwischen nur noch US-Dollar im Wert von 649.000 Euro.
Chor (erstaunt die Köpfe reckend): Nur? Auf deinen Schwur?
Herbert: Weil der Börsenkurs der Q-Cells Aktie aufgrund der weltweiten Finanzkrise so schlecht war, kaufte ich am selben Tag weitere 35.000 Q-Cells Aktien hinzu. Mein Konto wies nur noch US-Dollar im Wert von 54.000 Euro auf.
Chor (larmoyant, gespieltes Bedauern): Dann bist du ja bald pleite! Armer Herbert! Armer Herbert! So ist die Welt, das Geld das kommt, das Geld das geht, die Wirtschaft steigt, die Wirtschaft fällt!
Herbert: Von den 45.000 Q-Cells Aktien waren 10.000 geliehen und 35.000 konnte ich mein Eigen nennen. Der Kurswert der Q-Cells Aktie betrugt am 5. Januar inzwischen wieder 27 Euro. Ich verkaufte sofort meine 35.000 Aktien zum Wert von 945.000 Euro und hatte damals auf meinem Konto US-Dollar im Wert von 999.000 Euro plus die 10.000 Q-Cells Aktien, die ich dem Verleiher zurückgeben musste, sobald die Leihfrist abgelaufen war. Mir fehlten nur noch US-Dollar im Wert von 1.000 Euro, um mich Millionär nennen zu können.
Chor (wendet sich dozierend ans Publikum): Erste Frage: Wie viele Q-Cells Aktien hätte Herbert zu den 10.000 geliehenen Aktien dazu kaufen müssen, um wirklich Millionär zu werden?
- Pause -
Chor (wie vor): Zweite Frage: Wie hätte Herbert seine Millionen nach Deutschland transferieren können, ohne dafür Steuern zu zahlen?
- Pause -
Chor (ungeduldig mit den Füßen stampfend): Na, watt is?
Sprecher: Leider bekam Herbert den Kredit über 30.000 Euro nicht von seiner Bank, weil er Hartz- IV-Empfänger ist.
Chor (die Zeigefinger in die Luft streckend, dabei allwissend mit den Köpfen nickend): Ene, mene, muh, und raus bist du!
© goo, Jan. 2009
Das Recht ist bei den Göttern, die Beute bei den Menschen
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Gilgamesch: Utnapischtim, deine Gestalt ist nicht anders. Wozu bist du geschaffen worden? Ich bin ein Kämpfer und du liegst faul auf deinem Rücken.
Utnapischtim: Ich erzähl dir mein Geheimnis. Zu Rate saßen der Herrscher der Stadt Schurippak, ihr Herold und ihr Fürst und auch mein Herr, Ea war dabei. Die Götter fassten den Plan eine Sturmflut über die Welt kommen zu lassen, und Ea sprach zu mir: Verachte Besitz, rette das Lebendige, baue ein Schiff und lege es am heiligen See vor Anker. Doch ich sprach: Was soll ich dem Volke sagen? Und er sprach: Ellil, der Herrscher unserer Stadt ist mir feindlich gesonnen, deshalb verlasse ich die Stadt und will zum heiligen See ziehen. Über euch wird aber großer Reichtum kommen, das sollst du sagen.
So baute ich das Schiff noch am selben Tag. Mit Most und Bier tränkte ich das Volk wie mit Flusswasser und ich lies eine Festmeile errichten wie am Neujahrstag. Das Volk grölte, johlte und lies es sich wohl ergehen. Vor Sonnenuntergang war mein Schiff vollendet. Dann kam der Regen der Götter und ich verschloss die Tür. Den Anker riss Irragal heraus und Nimurta durchbrach alle Dämme. Annunaki lies das Land entflammen und Adads Wüten drang bis zum Himmel zerbrach das weite Land wie einen Topf. Der Südsturm lies das Wasser bis zum Gebirge aufsteigen. Das Wasser fiel über die Menschen her wie eine Schlacht. Keiner sieht den anderen. Ischtar schrie wie eine Gebärende: Die Zeit ist zu Erde geworden, weil ich den Rat gab, die Menschen zu vernichten!
G: Die Götter tun Gutes und Schlechtes, doch sind sie auch böse?
U: So höre mein Geheimnis. Sechs Tage und Nächte dauerte die Sturmflut. Als der siebte Tag hereinbrach unterlag der Südsturm im Kampf, das Meer wurde ruhig und ich blickte durch die Luke, eine Insel stieg vor meinen Augen auf, es war der Berg Nissir. Der Berg hielt das Schiff sechs Tage lang und lies es nicht wanken. Am siebten Tage lies ich eine Taube hinaus. Die Taube kam zurück, da lies ich eine Schwalbe hinaus, doch auch sie fand keine Ruhestätte. Da lies ich den Raben fliegen und der kam nicht wieder. Ich öffnete die Luke und das Wasser wich. Jetzt sah ich das Ausmaß der Verwüstung. Das trunkene Volk war ertrunken, wir türmten die Leichen zu Gebirgen auf und ließen sie brennen. Ea mein Herr aber sprach zu Ellil dem Herrscher: Du Weiser unter den Göttern, wie konntest du nur unbedachtsam eine Sturmflut über die Welt kommen lassen? Den der Sünde tut, den der Frevel tut, lass sie es tragen, doch vernichte sie nicht. Ein Löwe hätte sich erheben können, ein Wolf hätte sich erheben können, der Pestgott hätte sich erheben können, eine Hungersnot hätte kommen können, um die Menschen zu dezimieren. Das Geheimnis der Götter habe ich nie verraten. Traumbilder lies ich über die Klugen kommen. Nun gebt mir Rat! Er trat in unsere Mitte und sprach zu mir: Bisher war Utnapischtim nur ein Mensch. Jetzt soll Utnapischtim und sein Weib den Göttern gleichen und an der Mündung der Ströme wohnen.
G: Keiner von den Göttern wird mich aufnehmen, dass ich Leben finde
U: Dafür leben wir!
G: Ich nicht! Ich bin ein Kämpfer!
U: Du auch!
G: Ich behalte alles für mich. Es ist meine rechtmäßige Beute.
U: Dann wirst du das Leben nicht finden! Das Recht ist bei den Göttern.
G: Ist mir egal. Ich bin stark.
Das letzte Experiment
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Das letzte Experiment
Ein Weißkittel steht vor einer riesigen Maschine mit einem bedingungslosem Hebel. Eine Reisegruppe betritt den Raum.
Weißkittel: Sehr verehrte Damen und Herren. Sie stehen hier vor der größten Maschine, die die Welt kennt.
Tourist: Die auf der Erde steht!
W: Und was Sie hier sehen, ist nur ein Teil der Maschine. Sie ist insgesamt 150 Stockwerke hoch.
T: Wie soll das gehen? Das Gebäude ist doch nur einen Stockwerk hoch?
Weißkittel zeigt mit seiner Hand nach unten!
T: Ach, Sie meinen 150 Stockwerke tief!
W: Wenn Sie so wollen. Hoch oder Tief – alles nur eine Frage des Bezugssystems!
T: Schöne Maschine und so viele Hebel.
W: Die Maschine steuert alles! Das gesamte menschliche Zusammenleben. Geniale Erfindung, nicht wahr!
T: Wusste ich gar nicht! Also steuert die Maschine auch unsere Unterhaltung?
W: Wenn Sie so wollen, ja!
T: Was ist denn das für ein Hebel? Der da links unten in der Ecke, auf dem „Bedingungslosigkeit“ steht?
W: Dies ist noch nicht evaluiert worden. Wir wissen nicht, was passiert, wenn wir den Hebel umlegen!
T: Dann machen Sie mal!
W: Das kann ich nicht entscheiden. Dazu müssen Sie Anträge an den Maschinisten stellen. Der wird sie dann weiterleiten an die Stellen, die darüber zu entscheiden haben.
T: Dann fragen Sie doch die Maschine!
W: Das kann ich nicht! Nur die übergeordneten Stellen können darüber befinden, hab ich doch schon gesagt, oder?
Tourist geht zur Maschine und stellt sich direkt vor den Hebel.
T: Maschine, du größte im ganzen Land, was soll der Hebel am unteren Rand?
Ein Brummen ist zu hören, als wollte die Maschine etwas sagen.
W: Was tun Sie da?
T: Ich frage die Maschine direkt. Dazu brauche ich keine Genehmigung.
W: Das können Sie doch nicht tun!
T: Wieso nicht? Jeder von uns kann den Hebel umlegen?
W: Das wäre aber verantwortungslos. Sie wüssten ja gar nicht, was dann passieren würde!
T: Werden wir ja sehen!
W: Sie verlassen sofort diesen Raum. Ich rufe die Sicherheitskräfte!
T: Dann rufen Sie mal! Aber ich bin schneller! Bevor die Sicherheitskräfte eintreffen, habe ich schon längst den Hebel umgelegt.
W: Aber so hören Sie doch! Hören sie doch alle! Das können Sie nicht tun! Dieses letzte Experiment muss kontrolliert durchgeführt werden. Repräsentative Stichproben werden uns darüber Auskunft geben, wie die bedingungslose Welt letztendlich aussehen wird. Wenn Sie jetzt den Hebel umlegen, wird ein bedingungsloser Mechanismus in Gang gesetzt, der die gesamte Gesellschaft auslöschen könnte.
Die anderen Touristen der Reisegruppe stehen teilnahmslos an der Bühne aufgereiht und Kaugummi kauend dem Publikum zugewandt.
T: Warum denn nicht! Ich mach's einfach.
Der Tourist legt den Hebel um. Alles wird still! Nichts passiert. Der Vorhang fällt und öffnet sich gleichzeitig wieder. Die Maschine steht noch im Raum und eine rote Warnleuchte dreht sich. Kein Mensch ist mehr zu sehen.
Das Gnadenbrot
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Ein Bauer steht vor seinem Pferdestall und unterhält sich mit seinem Enkel über das Gnadenbrot.
B: Das ist Etta. Sie war immer treu und hat ihre Arbeit getan. Auch als es uns schlecht ging.
E: Da sind Löcher in der Haut!
B: Wenn die Pferde alt werden, dann ist ihr Fell nicht mehr so glänzend wie bei den jungen Pferden. Ab und zu fallen die Haare an manchen Stellen aus. Das ist wie bei den Menschen, verstehst du!
E: Ja, der Papa hat auch schon eine Glatze!
B: Etta, hier friss!
Der Bauer hält dem Pferd eine Möhre hin.
E: Aber warum muss das Pferd nicht mehr arbeiten?
B: Weil es alt ist. Seine Kräfte sind geschwunden. Es kann nicht mehr den Karren ziehen. Deshalb bekommt es jetzt sein Gnadenbrot!
E: Gnadenbrot, was ist das?
B: Ist so wie die bedingungslose Liebe deiner Eltern zu dir.
E: Ach jetzt versteh ich! Du liebst dein Pferd und deshalb erhält es von dir Nahrung, damit es nicht stirbt.
B: Ja, genau.
Der Bauer streichelt sein Pferd.
B: Etta wird hier bleiben, ist versorgt ihr Leben lang.
E: Meinst du, dass würde bei Menschen auch funktionieren?
B: Niemals! Weißt du denn nicht, dass der Mensch sündig ist! Er ist aus dem Paradies vertrieben worden, weil er nicht auf Gott gehört hat!
E: Nein, dass wusste ich nicht. Papa sagt immer, dass es gar keinen Gott gibt.
B: Na siehst du! Das ist die größte Sünde. Dein Vater wird in der Hölle schmoren.
E: Was ist die Hölle?
B: Der furchtbarste Ort, den du dir vorstellen kannst!
Sie gehen in die Küche. Dort schiebt die Oma gerade das Essen in den Ofen.
O: Da seid ihr. Bin gleich fertig.
Miau, die Katze am Fenster.
O: zur Katze: Na, du musst auch warten bis alles fertig ist!
Miau, die Katze am Fenster.
O: Kriegst doch auch was!
Katze kuschelt sich an Omas Kopf.
E: Wie süß!
Alle sitzen am Tisch und warten bis das Essen fertig ist. Opa liest aus der Bibel:
B: Jesus ging mit seinen Jüngern auf die Anhöhe und unterrichtete sie. Als sie die große Menschenmenge sahen, die ihnen gefolgt war, fragte Philippus: <Wo können wir für all diese Leute Brot kaufen?>. Jesus aber nahm die fünf Gerstenbrote und die beiden Fische, dankte Gott und lies sie an die fünftausend austeilen. Jeder bekam so viel, wie er wollte!
E: Das geht doch nicht!
B: Das geht schon! Erst ist nur wenig da, wie das Korn auf dem Feld, dann wächst alles, blüht und gedeiht und es ist genug für alle da. Jeder kann sich so viel nehmen wie er will. Das ist Leben.
E: Ach so ist das gemeint?
B: Weiß ich nicht! Aber so verstehe ich es!
E: So leicht ist das?
O: Nein, so schwer ist das!
Knecht betritt den Raum.
K: Was gibt’s?
O: Braten und Klöße!
K: Ist heute Sonntag?
O: Nein, unsere Enkelin hat Geburtstag!
K: Dann schenke ich dir mein Taschenmesser!
Das bedingungslose Teilchen
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Die Bühne verwandelt sich in ein Fernsehstudio.
Interviewer: Wir gratulieren Ihnen zum Nobelpreis für Physik. Können Sie dem Publikum kurz erklären, wofür sie ihn bekommen haben?
Wissenschaftler: Ich habe das bedingungslose Teilchen entdeckt!
I: Was bedeutet das ?
W: Mit diesem Teilchen lassen sich alle physikalischen Größen erklären: Raum, Zeit, Kräfte, Energie und so weiter.
I: Sie haben also die Weltformel entdeckt.
W: Wenn Sie so wollen, ja!
I: Und was wird sich dadurch ändern?
W: Direkten Einfluss auf unser Leben erwarte ich nicht. Allerdings hat die Physik mit meiner Entdeckung des grundlosen Anfangs der Welt auch ihr Ende gefunden.
I: Wie meinen sie das?
W: Ich bin sozusagen der Vollstrecker der Physik. Das Buch der Physik kann damit endgültig zugeschlagen werden. Die Professoren an den Universitäten können entlassen werden. Die Experimente an den Teilchenbeschleunigern eingestellt werden. Die Forschung auf physikalischem Gebiet beendet werden.
I: Dann wird ihre Entdeckung zu einem grenzenlosen Arbeitsplatzabbau führen?
W: So wie ich das momentan einschätze, wird dies der Fall sein!
I: Haben Sie keine Bedenken?
W: Anfangs schon. Ich habe die Entdeckung schließlich vor 30 Jahren gemacht. Wir haben lange im engsten Kreise darüber diskutiert, ob wir die Ergebnisse veröffentlichen sollten! Man hat mir von allen Seiten gut zugeredet! Schließlich habe ich mich überzeugen lassen.
I:Zusammenfassend kann ich also feststellen, dass das bedingungslose Teilchen der Grund für eine weitreichende gesellschaftliche Veränderung sein wird?
W: So paradox es klingt, meines Erachtens wird dies der Fall sein. Wer hätte schon gedacht, dass die Bedingungslosigkeit die Bedingung für eine gesellschaftliche Umwälzung sein wird?
I: Klingt nicht gerade viel versprechend. Hätten Sie da nicht verantwortlicher handeln müssen?
W: Verantwortlich kann nur der handeln, der sicher weiß, welche Folgen sein Handeln haben wird. Aber ich stelle mich gern als Sündenbock zur Verfügung!
Im Hintergrund sind laute Stimmen. Es handelt sich um einen Streik der Rundfunkmitarbeiter, die um ihre Arbeitsplätze bangen.
W: Was ist da los?
I: Ich glaube, dass sind meine Kollegen!
W: Warum schreien die?
I: Sie protestieren gegen die Lohnkürzungen und die Entlassungen!
W: Ich habe damals meinen Mitarbeitern gesagt, dass ein Gesellschaftssystem, dass nur unter Druck funktioniert, niemals für die Veröffentlichung des bedingungslosen Teilchens geeignet ist. Damit würde der Druck auf die Menschen nur erhöht.
I: Sie meinen unsere Demokratie?
W: Nein, es geht um das, was das Handeln des Menschen festlegt, den Kapitalismus natürlich!
I: Also haben sie doch einen Fehler gemacht?
W: Ja! Ich denke, im Nachhinein habe ich recht behalten.
I: Es wird sehr, sehr laut. Ich denke wir beenden das Gespräch.
Sicherheitsleute stürmen auf die Bühne und decken mit ihren Körpern den Wissenschaftler ab. Der wird unter lauten Gebrüll von der Bühne geführt.
© GOO, Februar 2011