Kommunikation pflegen. Doch wer dies glaubt, ist naiv. Wer bezahlt die Server und die Mitarbeiter. Wer bezahlt Herrn Zuckerberg, der doch angeblich mit seinem Facebook Millionen macht? Das sind andere, die ebenfalls an den Daten interessiert sind. Also müssen die Daten für die Betreiber der Onlinedienste auch verwertbar sein. Der Datenhandel ist eine neue perverse Lesart des Kapitalismus. Zuerst müssen die Menschen dazu gebracht werden, Daten in die Maschine einzustellen. Danach rechtlich dazu verpflichtet werden, dass sie keinen Anspruch auf die Verwertung ihrer Daten haben, die auf den Servern liegen und schließlich muss man verschiedene Programme entwickeln, die die Daten entsprechend auswerten, damit sie den Datenkäufern schmackhaft gemacht werden können. Die Daten eines Menschen sind zur Ware geworden, die sich wie Kartoffeln verkaufen lassen. Die Menschen in den angeblich sozialen Netzwerken sind zu Versuchskaninchen geworden, mit denen sich beliebig herumspielen lässt. Und welcher Facebook Nutzer weiß schon, was mit seinen Daten gemacht wird. Ist mir doch egal. Dann bin ich eben Datenware. Alles nur dummes Gequatsche? Das wird sich der ein oder andere Nutzer sagen, der bei Facebook bleiben will. Aber seine Daten sind schon längst unterwegs und werden von Firmen aufgearbeitet, die den Menschen mit Punkten versehen, damit er besser einsortierbar ist. Für den Arbeitgeber z.B., der einen neuen Mitarbeiter sucht, für den Handel, der ein bestimmtes Produkt an den Mann oder die Frau bringen will, für die diversen Sicherheitsdienste – privat oder staatlich – die mit dem Totschlagargument „Terrorismus“ den Freibrief für alle Daten im Internet beanspruchen. Der geratete Mensch eben, der als Ware wie eine Aktie gehandelt wird. Und warum soll es denn Staaten oder Firmen schlechter gehen als Individuen? Die Befürchtungen einer Generation, der ich auch angehört habe und die sich noch gegen den Zensus erhoben hat, weil sie darin den gläsernen Menschen sah, der sich gegen staatliche Willkür nicht mehr wehren kann, sind vom Tisch. Heute ist eine Art STASI im Netz unterwegs, wo hingegen das Original nur ein harmloser Verein war. Heute stellen wir unsere Daten selbst in Netz und machen uns beliebig angreifbar und kontrollierbar. Der Mensch als Objekt der Erpressung, der Einschüchterung, des Zwangs oder im harmlosen Fall des Betrugs. Alles inklusive! Na dann: Prost!

Wie geht die Geschichte weiter? Irgendwann wird ein Mitarbeiter der bekannten Onlinedienste auspacken und Klartext reden, damit jeder weiß, was mit seinen Daten angestellt wurde und zukünftig weiter angestellt werden soll. Dann kommt der berühmte Snowden-Effekt zum Tragen und die Presse hat wieder einmal ein lukratives Thema, das sich Monate halten lässt. Danach sind die Politiker gefragt, die gar nicht wissen, was sie da tun sollen. Nein, Facebook gibt die Daten nicht weiter. Die sind sicher auf den Servern und werden nicht personenbezogen an Dritte übermittelt. In dieser Lesart stimmt das sogar. Also müssen die Herren und Damen da oben auch nichts tun, obwohl sie sehr viel für den Datenschutz tun könnten. Dann kommt die nächste Wirtschaftskrise und die Menschen sind mit anderen Dingen beschäftigt. Obwohl alles so einfach wäre. Alles könnte direkt in sich zusammenfallen. Warum ist es denn leichter, den Onlinediensten beizutreten als sie zu verlassen? Was ist es, das uns dazu drängt, uns als Ware nach außen zu präsentieren? Ist es etwa ein noch unbekannter Datentrieb, den jeder genetisch in sich trägt, um sich nach außen zu tragen? Vielleicht liegt es aber an einfachen psychologischen Mechanismen, die die Onlinedienste bedienen. Rattenfänger hatte man das früher genannt.

 

 

Lesenswert:

The Filter Bubble: What the Internet Is Hiding from You, Eli Pariser

Grenzenlos vernetzt? Gewerkschaftliche Positionen zur Netzpolitik, Frank Bsirske, Lothar Scheöder, Frank Werneke, Diana Bösch, Achim Meerkamp (Hrsg.)

 

© GOO, Oktober 2013

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