Aus der Hüttenwerkstatt
Herbert wird Millionär oder Leistung muss sich wieder lohnen!
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Sprecher: Höret die Geschichte von Herbert, der Öko-Aktien kaufte, um etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Steuern wollte er aber keine zahlen!
Chor (höhnisch): Wer zahlt schon gerne Steuern! Wer lässt sich gerne steuern!
Sprecher: Er entschloss sich, seine Geschäfte von den Kaimaninseln aus zu tätigen.
Chor (plärrend): Kaimaanen, Kaimaanen haben keine Aamen!
Sprecher: Egal! Dort sind die meisten international tätigen Banken - auch die deutschen - mit Filialen vertreten. George Town, die Hauptstadt der Kaimaninseln, ist heute der fünftgrößte Finanzplatz der Erde.
Chor (gespieltes Erstaunen): Ohooo, Ohooo! Fast wie in Sohooo!
Sprecher: Alle Transaktionen kann man bequem über das Internet erledigen. Leider muss man seine finanziellen Transaktionen in US-Währung tätigen, da der Euro auf den Kaimaninseln nicht als Währung akzeptiert wird.
Chor (bedauernd): Das ist aber schade! Das ist aber schade! Komm schon, Herbert, erzähl uns deine Geschichte!
Herbert: Im April 2008 habe ich mir 10.000 Aktien der Q-Cells AG im Wert von 600.000 Euro geliehen. Die Leihgebühr für die Aktien betrug 5% des Kurswertes, also 30.000 Euro. Die habe ich mir von der Bank geliehen.
Chor (lobend): Geliehenes Leihgeld ist gutes Geld! Geliehenes Leihgeld ist leihgeliehen!
Herbert: Mitte Mai standen die Q-Cells Aktien bei 85 Euro. Ich habe daraufhin meine geliehenen Aktien an der Börse zu 850.000 Euro verkauft und aus dem Erlös den Kredit von 31.000 Euro plus angelaufenen Zinsen für die Leihgebühr an die Bank zurück gezahlt.
Chor (aufgeregt): Warum nur? Warum nur? Die Aktienkurse steigen!
Herbert: In den Börsennachrichten stand eine Kaufempfehlung der Deutschen Bank. Da dachte ich mir, dass die Banken ihre Q-Cells-Aktien lukrativ verkaufen wollten. Hätte ich ein paar Tage später verkauft, hätte ich sogar 2 Euro mehr pro Aktie bekommen können!
Chor (tröstend): Sei nicht traurig! Sei nicht traurig! Erlöse sind nicht böse! Erlöse sind Erlöser!
Herbert: Dies war aber der absolute Höchststand. Von da an ist der Wert der Aktie stetig gefallen.
Chor (lebhaft): Gefallen, gefallen! Das ist gut, das ist surplus gut!
Herbert: Auf meinem Konto auf den Kaimaninseln lagen etliche US-Dollar mit einem Wert von 819.000 Euro herum. Im Dezember standen die Aktien auf 17 Euro, was mich dazu veranlasste, 10.000 Q-Cells Aktien zum Wert von 170.000 Euro an der Börse zu kaufen. Auf meinem Konto waren inzwischen nur noch US-Dollar im Wert von 649.000 Euro.
Chor (erstaunt die Köpfe reckend): Nur? Auf deinen Schwur?
Herbert: Weil der Börsenkurs der Q-Cells Aktie aufgrund der weltweiten Finanzkrise so schlecht war, kaufte ich am selben Tag weitere 35.000 Q-Cells Aktien hinzu. Mein Konto wies nur noch US-Dollar im Wert von 54.000 Euro auf.
Chor (larmoyant, gespieltes Bedauern): Dann bist du ja bald pleite! Armer Herbert! Armer Herbert! So ist die Welt, das Geld das kommt, das Geld das geht, die Wirtschaft steigt, die Wirtschaft fällt!
Herbert: Von den 45.000 Q-Cells Aktien waren 10.000 geliehen und 35.000 konnte ich mein Eigen nennen. Der Kurswert der Q-Cells Aktie betrugt am 5. Januar inzwischen wieder 27 Euro. Ich verkaufte sofort meine 35.000 Aktien zum Wert von 945.000 Euro und hatte damals auf meinem Konto US-Dollar im Wert von 999.000 Euro plus die 10.000 Q-Cells Aktien, die ich dem Verleiher zurückgeben musste, sobald die Leihfrist abgelaufen war. Mir fehlten nur noch US-Dollar im Wert von 1.000 Euro, um mich Millionär nennen zu können.
Chor (wendet sich dozierend ans Publikum): Erste Frage: Wie viele Q-Cells Aktien hätte Herbert zu den 10.000 geliehenen Aktien dazu kaufen müssen, um wirklich Millionär zu werden?
- Pause -
Chor (wie vor): Zweite Frage: Wie hätte Herbert seine Millionen nach Deutschland transferieren können, ohne dafür Steuern zu zahlen?
- Pause -
Chor (ungeduldig mit den Füßen stampfend): Na, watt is?
Sprecher: Leider bekam Herbert den Kredit über 30.000 Euro nicht von seiner Bank, weil er Hartz- IV-Empfänger ist.
Chor (die Zeigefinger in die Luft streckend, dabei allwissend mit den Köpfen nickend): Ene, mene, muh, und raus bist du!
© goo, Jan. 2009
Eine kleine Bettgeschichte
- Geschrieben von: Günter Opitz-Ohlsen
Ein Leben zu viel. Ein halbes würde reichen. Es ist und der Tag bricht an. Die schmale Sonne scheint durchs Fenster. Vergessen, ja warum auch nicht. Doch, was immer wieder nach oben kommt, lässt sich nicht so einfach unterdrücken. Es fehlt ihm das spezifische Gewicht, das es endgültig zu Boden sinken lässt. So wird dieser Tag alles wieder nach oben spülen, was die Nacht nach unten hat sinken lassen, und umgekehrt wird er keinen Schlaf finden, weil all das, was der Tag nach unten hat sinken lassen, in der Nacht wieder aufgetaucht ist.
Das Bild hängt schief, und immer wieder wird er es richten. Eine zwanghafte Handlung wird er sich sagen und endlich damit aufhören, immer wieder dasselbe gegen einen Sachverhalt zu tun, der mit diesen Mittel einfach nicht aus der Welt zu schaffen ist. Er wird sich erinnern, an eine Freiheit vielleicht, die er nie hatte, weil er sie mit seinen Mittel nie verwirklichen konnte, und seine eigene Schieflage glich dem des Bildes, mag sein. Alles, was er heute unternehmen wird, wird ihn weiter forttragen, wird ihn an Orte bringen, die er nie sehen wollte, Orte, die es nur für ihn geben kann, dessen können wir uns sicher sein, denn nur er kann sie erfühlen und in seiner Unaussprechlichkeit zum Ausdruck bringen.
Am nächsten Tag wird er nicht mehr aufstehen, weil es zu viel Kraft kostet, sich immer wieder aufzurappeln, all das immer wieder erneut zu tun, in dem er keinen, absolut keine Sinn mehr sieht, das ihm nur noch als lästig erscheint, weil es immer wieder zu dem Ausgangspunkt führt, den er nie mehr aufsuchen wollte. Manchmal, wenn er so da lag, in seinem Bett, besser, auf der Matratze, die er direkt auf den Boden gelegt hatte, da stellte er sich auch andere vor, wie sie zur gleichen Zeit in ihren Betten lagen. Sie wollten nicht aufstehen, lagen einfach da, so wie sie eingeschlafen waren, regungslos, ohne ein Wort zu sagen. Maschinen nahmen ihre Betten und trugen sie fort an den Arbeitsplatz oder den Ort des Geschehens. Das Bett wurde senkrecht gestellt, aber die Menschen blieben, fielen nicht aus dem Bett, ja selbst das Bettzeug blieb weiter so, wie es immer war, egal wie das Bett durch die Maschinen gedreht, gespiegelt, beschleunigt, gewendet oder verschoben wurde. So war die Situation und keiner fiel aus dem Rahmen.
Am übernächsten Tag wird sein Bett an einem Sandstrand in der Karibik stehen. Dort findet er Schatten unter den Palmen und Musik ist zu hören. Sie kommt aus den Betten, die um seines herumstehen. Sanft ist die Musik, verspielt, leicht sogar und lässt alles vergessen. Alles vergessen meint hier, alles, auch das letzte und das kann nur bedeuten, dass er sich im Bett befinden wird, eine Ewigkeit vielleicht, weil niemand mehr aufstehen wird, für wen, für was auch immer, selbst er nicht, um sein Bild zu richten.
Am überübernächsten Tag werden ihn die Maschinen weitertragen, dorthin, wo alles anfing, in die Bettenfabrik. Hier wird alles hergestellt, für den, der sich sein ganzes Leben lang hingelegt hat. Er wird staunen, Bewunderung wird seinen Geist erfüllen. Alle diese Betten – und in jedem einzelnen schon ein Mensch. Das hätte er nun nicht gedacht.
© GOO, November 2010
Die Zeilen ändern sich
- Geschrieben von: Birgit Ohlsen
DIE ZEILEN ÄNDERN SICH
es begab sich aber zu der zeit dass der propagandaminister des landes LACHEN zur kriegspflicht erklärte |
es begibt sich aber zur zeit dass die herrschenden der welt ANGST zur friedenspflicht erklären |
Die Würde des Menschen
- Geschrieben von: Birgit Ohlsen
Die Würde des Menschen ist …
A...LG II
N...otunterkunft
T...agtäglicher Kampf ums Überleben
A...rroganz der Macht
S...uppenküche
T...otalüberwachung
B...edarfsgemeinschaft
A...usgrenzung
R...entenformel
© BiO. 9/09
Der Ästhet II
- Geschrieben von: Birgit Ohlsen
Der Ästhet II
mit starrer feder
und wohlgesetzten worten
betört er den tor
© Birgit Ohlsen